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Entdeckung
Die Grabgrube
Funde
Neolithische Axt
Neuinterpretation als Grab
Übergang zu einer neuen Zeit

Grab von Nadelwitz

Ort: Nadelwitz (Bautzen, Bautzen)
Typ: Flachgrab/Flachgräberfeld mit Körpergräbern
Datierung: jüngeres Mesolithikum | 6000 - 5000 v. Chr.

Beschreibung

Auf dem Schafberg bei Nadelwitz, heute ein Stadtteil von Bautzen, wurde 1930 in einer Sandgrube ein Grab aus der dem Mesolithikum gefunden. Zunächst wurde das aber nicht erkannt. Erst viele Jahre später konnte das Fundensemble von dem Archäologen Volkmar Geupel neu bewertet und als Bestattung erkannt werden. Das Besondere daran? Die Funde, 33 Feuersteinartefakte und eine durchlochte Axt aus Felsgestein, zeigen sowohl Einflüsse von noch wie seit Jahrtausenden lebenden, mittelsteinzeitlichen Jagdgemeinschaften, als auch Kontakte zu den neu eingewanderten, jungsteinzeitlichen Gruppen, die eine bäuerliche Lebensweise mitbrachten.

Annemarie Reck

Entdeckung

Der Fundplatz liegt im Oberlausitzer Lössgebiet, im Bereich des Schafberges, einer ca. 1 km langen Erhebung im Osten der Stadt Bautzen. Die bis zu 200 m hohe, lössbedeckte Sand-Schotter-Kuppe des Schafberges wird bereits seit den 1920er-Jahren als Kiesgrube genutzt und in Teilen noch immer in Betrieb. 1930 fiel dem Bodendenkmalpfleger Erich Schmidt (Bild) beim Absuchen des Grubenrandes eine Stelle mit feinem, rötlichem Kies und hellerem Sand ins Auge, in der mehrere archäologische Funde lagen.

Annemarie Reck

Bildquelle G. Bierbaum, Foto ©LfA 1931.

Die Grabgrube

Weil die Grube in einem Randbereich bereits abgegraben war, barg Schmidt die Funde und dokumentierte die Fundsituation genau, wodurch der Befund Jahrzehnte später als Grabgrube erkannt werden konnte. Durch die Verfärbung des Sandes ließ sich die ursprüngliche Ausdehnung der Grube noch gut nachvollziehen. Die rundliche Grube besaß einen Durchmesser von 2,85 m, bei einer Tiefe von 1,65 m. Im Querschnitt zeigt sie sich mit steiler Trichterform bei einer flachen Sohle. Die Rötelschicht über der Sohle war bis zu 0,19 m mächtig. Die darüberliegende Füllschicht hob sich nur schwach von den umliegenden Sandschichten ab und war laut Ausgräber fundleer.

Annemarie Reck

Bildquelle V. Geupel 1988, 48.

Funde

Alle Fundstücke waren in diese stark rötelhaltige Kies-Sand-Schicht eingebettet. Bei den geborgenen Funden handelte es um 33 Feuersteingeräte, darunter 22 Klingen und Klingenfragmente, drei Klingengeräte mit schräger Endretusche, eine kurze Klinge mit Retusche, sechs Abschläge und ein Kernstein. Von den drei Klingengeräten weist ein Stück im Bereich der Spitze eine Einkerbung auf, die wie ein Fadenschneider genutzt worden sein könnte.

Annemarie Reck

Bildquelle V. Geupel 1988, 49.

Neolithische Axt

Weiterhin kam eine durchlochte Felsgesteinsaxt, eine sogenannte Querhaue, zutage. Sie wurde aus einem langovalen Geröll hergestellt, das fast vollständig überschliffen wurde. Die Unterseite des Gerätes ist flach, die Oberseite leicht gewölbt. Die Durchlochung der Axt ist leicht konisch ausgeführt. Da das Fundensemble im geschlossenen Verband geborgen wurde, kann seine Zusammenhörigkeit als gesichert angesehen werden, unklar ist hingegen, ob beim Abgraben der Sandgrube bereits Funde verloren gegangen sind.

Annemarie Reck

Bildquelle J. Lösel, Foto ©LfA 2012.

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Neuinterpretation als Grab

Im Jahr 1956 publizierte Schmidt seinen Fundbericht. Er stellte darin die Funde an den Übergang von Mittel- und Jungsteinzeit. Da in dem Sandboden allerdings keine Knochenerhaltung vorliegt, ging er trotz des auffälligen Rötels nicht von einem Grab aus. Erst 1977, als die Funde zum damaligen Landesmuseum für Vorgeschichte in Dresden kamen, konnten sie dank der guten Dokumentation von dem Archäologen Volkmar Geupel als Grab der ausgehenden Mittelsteinzeit neuinterpretiert werden. Der Befund der Grube ist in seinen Ausmaßen und der stark rötelhaltigen Fundschicht gut mit anderen Grabgruben der späten Mittelsteinzeit vergleichbar. Seit dem Paläolithikum werden Rötel oder rote Farbpigmente von den Menschen in verschiedener Weise genutzt. Die Forschung geht davon aus, dass die rote Farbe für die steinzeitlichen Menschen mit einer bestimmten Symbolik verknüpft wurde, vielleicht sogar einer religiösen.

Annemarie Reck

Bildquelle Foto ©LfA 2014.

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Übergang zu einer neuen Zeit

Das Feuersteininventar zeigt Formen, wie schräg retuschierte Klingen, wie sie in der Mittelsteinzeit üblich waren. Die Querhaue hingegen stellt laut Geupel eine Besonderheit dar. Zwar kämen Spitzhauen, Walzenbeile oder Geröllkeulen durchaus auch im mittelsteinzeitlichen Zusammenhängen vor, die konische Bohrung und der Schliff der Querhaue seien aber auf einen jungsteinzeitlichen Einfluss zurückzuführen. Daran lassen sich Kontakte zwischen den von Südosten neueinwandernden, Landwirtschaft und Viehzucht betreibenden, jungsteinzeitlichen und den einheimischen, in aneignender Wirtschaftsweise lebenden, mittelsteinzeitlichen Volksgruppen ablesen. Somit ist das Grab von Nadelwitz ein wichtiges Zeugnis des Übergangs von der Mittelsteinzeit zur Jungsteinzeit.

Annemarie Reck

Bildquelle J. Lösel, Foto ©LfA 2012.

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Literatur

Volkmar Geupel, Ein mesolithisches Grab vom Schafberg in Niederkaina bei Bautzen? In: Heinz-Joachim Vogt (Hrsg.), Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 26, 1983, 7–15.
Volkmar Geupel, Mesolithisches Grab von Nadelwitz bei Bautzen. In: Heinz-Joachim Vogt (Hrsg.), Archäologische Feldforschungen in Sachsen. Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege, Beih. 18 (Berlin 1988) 48–51.
Sabine Lienen-Kraft, Nadelwitz. Der Jäger und die Bauern. In: Sabine Wolfram (Hrsg.), In die Tiefe der Zeit, 300.000 Jahre Menschheitsgeschichte in Sachsen. Das Buch zur Dauerausstellung (Dresden 2014) 77–79.
Erich Schmidt, Eine Geröllhaue vom Schafberg bei Niederkaina. Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 5, 1956, 17–22.

Hinweis zum Denkmalschutz

Archäologische Denkmäler stehen unter dem Schutz des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes. Für Bodeneingriffe oder Baumaßnahmen ist eine denkmalrechtliche Genehmigung erforderlich.

Permalink

Zitat des Beitrags / Citation

Annemarie Reck, Grab von Nadelwitz. In: Landesamt für Archäologie Sachsen, Website archaeo | SN (01.02.2024). https://archaeo-sn.de/ort/grab-von-nadelwitz/ (Stand: 05.05.2024)

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